„Sonderbare Elektromaschinen“ steht unter dem Firmennamen der Krebs & Aulich GmbH. Das „sonderbar“ passt, denn tatsächlich sind die Motoren, die in der sachsen-anhaltischen Kleinstadt Wernigerode entwickelt werden, Exoten unter den Antrieben. Hier entstehen Elektromaschinen für hochspezifische Anforderungen. Manche von Ihnen haben Großes vor: Sie werden für eine Reise zum Mond gebaut.
Weltraum und Wernigerode. Diese beiden haben nicht mehr gemein, als den gleichen Anfangsbuchstaben, mag man meinen. Doch das täuscht. Denn die Entwickler der Firma Krebs & Aulich mögen besondere Herausforderungen, und deshalb tüfteln sie gerade an einem kleinen Motor, der in einigen Jahren mit einem Satelliten auf den Mond geschickt werden soll. „Das Projekt heißt “Luna-Driller’“, erläutert Prof. Dr. Martin Sobczyk, der Geschäftsführer der Krebs & Aulich GmbH. „Wir liefern den Antrieb für ein Bohrgerät, das erforschen soll, wie sich das Mondgestein zusammensetzt.“ Der Motor, der voraussichtlich 2023 oder 2024 die große Reise antritt, ist unscheinbar. „Er muss klein sein, aber leistungsfähig, und er muss widrigen Bedingungen wie Staub, extremer Hitze oder extremer Kälte standhalten.“
Dass ein Stück Sachsen-Anhalt durch den Weltraum fliegen wird, klingt faszinierend. „Aufgaben wie diese sind natürlich spektakulär und reizvoll. Wir setzen gern solche Sonderprojekte um“, sagt Prof. Dr. Martin Sobczyk und verweist auf die Kompensieranlage für Helikopter, der für die Bundeswehr entwickelt wurde, und auf die Antriebskomponenten für das Infrarot-Stratosphären-Teleskop (Sofia). Letzteres entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen der amerikanischen NASA und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), ist in einer Boeing 747 SP verbaut und liefert Bilder aus den Tiefen des Weltraums. Die Infrarot-Aufnahmen ermöglichen Astronomen neue Erkenntnisse über Geburt und Tod von Sternen und über die Entstehung von Galaxien und Planetensystemen.
Doch ehe im Weltraum geforscht werden konnte, war viel Vorarbeit auf Erden notwendig. Die 70 Mitarbeiter von Krebs & Aulich arbeiten seit Mai 2017 in den Büros des neuen Werks in einem Gewerbegebiet im Harzstädchen Wernigerode – der Derenburger Bauernhof, auf dem vor 20 Jahren die Firma mit zwei Mann begann, war schon lange zu klein geworden. In ihrem Forschungslabor berechnen, entwickeln und bauen sie Elektromaschinen für verschiedenste Anforderungen – von der Ideenfindung bis zum Prototypen. Dabei geht es natürlich nicht immer um den Weltraum. „Unser Brot- und Buttergeschäft ist ein anderes“, bestätigt Martin Sobczyk. „Die drei großen Geschäftsfelder des Unternehmens sind Prüfstandsmotoren, Wasserkraftgeneratoren und E-Mobilität.“
Im Bau von Prüftstandsmotoren hat sich Krebs & Aulich einen beeindruckenden Ruf erarbeitet. „Wir sind weltweiter Technologieführer. Jeder Automobilhersteller, der Antriebe oder Komponenten dafür entwickelt, testet mit Maschinen von uns“, sagt Martin Sobczyk nicht ohne Stolz. Den Anfang machte vor zwölf Jahren die Porsche AG, die Krebs & Aulich einen Auftrag für die Fertigung eines Prüfstands erteilte. Mittlerweile wurden weltweit mehr als 1.000 derartige Anlagen installiert. Prüfstandsmotoren von Krebs & Aulich laufen heute in Japan, China, den USA und in Europa – überall dort, wo für Mobilität geforscht und entwickelt wird.
Von der Auslegung der Algorithmen zur Berechnung des Magnetkreises über die Konstruktion bis zur handwerklichen Fertigung der Einzelteile sind alle wesentlichen Prozesse zur Herstellung eines Prüfstandsmotors bei Krebs & Aulich unter einem Dach vereint. „Wir sind sozusagen die Maßschneider unter den Motorenbauern und können fast alle Wünsche und Besonderheiten bis kurz vor Fertigstellung eines Prüfstandes berücksichtigen“, so Sobczyk. Das Team arbeite zudem ständig an der Erweiterung der Einsatzgrenzen: Hier geht es um höchste Drehzahlen (bis 30.000 Umdrehungen/Minute), eine möglichst geringe Geräuschentwicklung und Vibration, Sondergehäuse für enge Bauräume oder besondere thermische Bedingungen auf Motorprüfständen.
Die Erfahrungen beim Bau der extrem leistungsfähigen Maschinen übertragen die Spezialisten seit nunmehr zehn Jahren auf den Bereich der Generatoren. Zusammen mit dem Partnerunternehmen HSi aus Trier, das wie Krebs & Aulich zur Ceterum-Holding GmbH gehört, werden seither bewegliche Wasserkraftwerke für die lokale und regionale Energieerzeugung gebaut, die einen extrem hohen Wirkungsgrad haben. Diese Anlagen kann man in bestehende Wehranlagen einbauen. Dort erzeugen sie nicht nur Energie, sondern genügen auch höchsten ökologischen Ansprüchen, wie Martin Sobczyk erläutert: „Unsere Wasserkraftanlage ist kompakt und beweglich, sie wird vom Wasser über- und unterströmt. Der Vorteil ist, dass die Durchgängigkeit für flussauf- oder -abwärts wandernde Fische und Kleinlebewesen gewährleistet ist. Auch Blätter, Äste oder Pflanzenreste werden vom Wasser weitertransportiert.“ Sogar im Hochwasserfall kann die bewegliche Wasserkraftanlage Strom erzeugen. An neun Standorten in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich sind bereits bewegliche Wasserkraftanlagen im Einsatz, für weitere Wehranlagen laufen die Genehmigungsverfahren. „Da braucht es Geduld“, sagt Martin Sobczyk. „Solche Verfahren dauern manchmal bis zu vier Jahre, die Umsetzung geht dann aber recht schnell.“
Der Wirtschaftsingenieur ist daran gewöhnt, dass einige Projekte einen langen Atem voraussetzen. "Das ist in der Forschung nicht ungewöhnlich.“ Stark eingebunden ist Krebs & Aulich zum Beispiel in die Entwicklung von Lösungen im Bereich der E-Mobilität. So wurde ein Radnabenmotor für Hybrid-Busse entwickelt, und im Rahmen eines Forschungsprojekts wurden zwölf Audi A2 auf ein rein elektrisches Antriebssystem umgerüstet. Dazu läuft ein Feldversuch im Harz. Privatleute, Verwaltungen und Firmen nutzen diese Elektro-Audis, und die Mitarbeiter von Krebs & Aulich kontrollieren in regelmäßigen Abständen, wie die Batterien altern, wie sie sich bei Hitze oder Kälte verhalten. „Wir arbeiten an ganzheitlichen Lösungen für die Mobilität von Morgen“, sagt Martin Sobczyk, „und freuen uns, die Zukunft der Mobilität an entscheidender Stelle mitgestalten zu können.“
Quelle: Dana Toschner, www.investieren-in-sachsen-anhalt.de/krebs-und-aulich-2017
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